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Wir alle haben schon mal ein Fieberthermometer benutzt. In welchen Situationen haben wir uns dafür entschieden? Wenn der Kopf glüht und die Stirn heiß ist, dann wird einfach nochmal schnell überprüft, was uns bereits klar ist. Doch wir wollen die letzte Gewissheit, ja wir haben Fieber, jetzt können die radikalen Gegen-Maßnahmen eingeleitet werden, Antibiotikum!
Warum nutzen Unternehmen kein Kundenzufriedenheitsthermometer? These; weil sie sich noch keine richtigen Schmerzen spüren…….. Das Unternehmen fühlt sich nicht wohl, irgendwas stimmt nicht, aber was? Naja, „et hätt noch emmer joot jejange“, wie man in Köln zu sagen pflegt. Warten wir mal ab. Aber Hoffnung ist keine Strategie!

Die Analogie Fieber- und Kundenzufriedenheitsthermometer

Wir alle haben schon mal ein Fieberthermometer benutzt. In welchen Situationen haben wir uns dafür entschieden?
Fall A die Überprüfung: Manchmal fühlen wir uns einfach nicht wohl, irgendwo ist so ein Gefühl, dass was nicht stimmt. Also mal Fieber gemessen und tatsächlich erhöhte Temperatur, jetzt ist es wichtig, die Eskalation zu vermeiden, also leichte Gegen-Maßnahmen eingeleitet, etwas Ruhe, heißer Tee mit Zitrone und das Grippe Mittel einnehmen.
Fall B die Bestätigung: Wenn der Kopf glüht und die Stirn sehr heiß ist, dann wird einfach nochmal schnell überprüft, was uns bereits klar ist, aber wir wollen die letzte Gewissheit. Ja, wir haben Fieber, jetzt können wir die radikalen Gegen-Maßnahmen einleiten, eine hohe Dosis Antibiotikum – das kann wirken, muss aber nicht!

Warum nutzen die Unternehmen kein Kundenzufriedenheitsthermometer? Ein Kollege und bekannter Professor für Marketing an der IUBH sagte: „Weil sie (die Unternehmen) nicht wissen, wo sie es hinstecken sollen!“ Interessante These! Aber liegt es nicht viel mehr daran, dass sie noch keine richtigen Schmerzen spüren (Fall A), irgendwie fühlen sie sich unwohl, weil z.B. die Anzahl der „Customer Complaints“ angestiegen ist, weil die Kundenfrequenz oder der Umsatz in den Shops zurückgeht.

Wenn dann die Kunden in Massen abwandern oder gar nicht mehr kommen, so wie man es im letzten Jahr bei Creatrade mit den Marken Conleys und Impressionen oder vor einiger Zeit bei Butlers, Wöhrl und Praktiker sehen konnte, dann herrscht Ratlosigkeit. Das ist dann Fall B: gleichbedeutend mit radikalen, unternehmerischen Maßnahmen, bei Praktiker das „20% auf alles, außer Hundefutter“. Geholfen hat es nicht mehr!

Es stellt sich die Frage, was hätte in diesen besonderen Situationen helfen können. Lassen Sie uns im Folgenden das Thema Kundenzufriedenheit genauer anschauen und analysieren, warum das Thema immer wichtiger wird und mittlerweile vielleicht sogar überlebenswichtig ist.

Warum ist die Kundenzufriedenheit so wichtig und wird immer wichtiger?

Die Kundenzufriedenheit als Ergebnis kundenzentrierter Unternehmensführung ist heutzutage die Basis für nachhaltige Geschäftserfolge. Insbesondere die aktuelle Wettbewerbssituation mit hoher Markttransparenz, die austauschbare Produktvielfalt, wachsende Ansprüche hinsichtlich Qualität, Preis und Service, Käufermarktstrukturen zwingen die Unternehmen, sich zunehmend mit den ökonomischen Auswirkungen der Kundenzufriedenheit zu beschäftigen.

Kundenzufriedenheit ist ein nicht beobachtbares, hypothetisches Konstrukt, welches das Ergebnis eines komplexen, psychischen und individuellen Vergleichsprozesses von Erwartungen und Erfahrungen darstellt. Zielsetzung ist die Kundenbindung, die sich wiederum ihrerseits im Wiederkauf (Produkt) bzw. in der Wiedernutzung (Dienstleistung) als auch in der Weiterempfehlung an Dritte und dem Cross-Buying (Kauf zusätzlicher Produkte/Dienstleistungen) manifestiert.

Zufriedene und loyale Kunden sind die Zielsetzung des Kundenzufriedenheitsmanagement oder des Customer Experience Management, die sich mit allen Bereichen der kundenzentrierten Unternehmensführung von Strategie, über Organisation & Mitarbeiter, KPI’s und IT Systemen auseinandersetzen, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Dabei werden Instrumente und Methoden genutzt wie Kundenwertanalyse, Customer Journey Mapping, CRM, Service Excellence Cockpit und Omni-Channel Ansätze.

Schauen wir uns ein Beispiel an; ein Kunde dessen Handy sich nicht mehr laden lässt, erwartet, dass ihm an einem Service Punkt, sein Problem gelöst wird und mit seinem Handy wieder nach Hause gehen kann. Der Mitarbeiter im Service wechselt nicht nur die Ladebuchse zu einem akzeptablen Preis, sondern reinigt auch den Lautsprecher und das Display. Die Erwartungen des Kunden wurden übererfüllt, es wurde nicht nur sein Problem gelöst, sondern auch wieder einen besseren Klang und ein glänzendes Handy. Der Kunde ist begeistert und wird wiederkommen! Den positiven Effekt zeigt Ihnen das folgende Schaubild:

Natürlich reagiert der Kunde ganz unterschiedlich, wenn sich beim Vergleich seines persönlichen Erwartungsniveaus mit dem tatsächlichen Leistungsniveau des Unternehmens eine Unzufriedenheit ergeben hat. Die Unzufriedenheit kann unter Umständen keine unmittelbaren Konsequenzen haben. Aufgrund geringer Wettbewerbsintensität, Wechselbarrieren oder mangelnder Bereitschaft zur Beschwerde kann der Kunde trotzdem komplett auf negative Reaktionen (1) verzichten. Das heißt nicht, dass es immer so bleibt, sollte sich die Situation ändern, so können sich dennoch negative Konsequenzen für das Unternehmen ergeben.

Ein weiteres Verhalten ist die Abwanderung (2). Sie kann sich in Geschäftswechsel, Marken- und Produktwechsel oder Marktaustritt zeigen. Entschließt sich der Kunde zur Beschwerde (3) oder Reklamation, dann äußert er damit Widerspruch zur gelieferten Leistung. Dies gibt dem Unternehmen die Gelegenheit, ihn als Kunde zu behalten. Fällt danach die Kundenzufriedenheit höher aus, als vor dem Eintritt der Beschwerde, so spricht man vom Recovery-Paradox. Negative Mund-zu-Mund-Propaganda (4) wird noch stärker eingesetzt als positive. Dies wird noch verstärkt durch schnelle Verbreitung auf den Social-Media Plattformen.

Die smarte Messung der Kundenzufriedenheit

Wie sagte Peter Drucker so treffend: „Was Du nicht messen kannst, kannst Du nicht steuern!“ Deswegen stellt sich die Frage, wie wird die Kundezufriedenheit gemessen? Dafür gibt es heutzutage sehr innovative Lösungen, die das Messen sehr einfach gestalten. Neben den klassischen Online-Befragungen anhand von E-Mail, SMS, parametrisierten Link und Internetseiten gibt es noch die Offline-Befragungen in den Shop mit NFC Technologie, persönliche Interviews, Telefon-Interviews und postalische Befragungen. Dabei messen wir heute sowohl offline als auch online zu einem großen Teil in Echtzeit oder realtime. Das Management sieht die Kundenzufriedenheit in Echtzeit, wie auch beim Fieberthermometer und kann sofort mit geeigneten Maßnahmen reagieren.

Gemessen wird die Kundenzufriedenheit sehr häufig mit dem Net Promoter Score (NPS). Dieser Score zeigt die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Kunde eine Marke, Produkt oder eine Dienstleistung weiterempfiehlt. Es gibt noch weitere Kennzahlen für die Kundenzufriedenheit wie den Customer Effort Score (CES) oder den Customer Satisfaction Score (CSAT). Harvard Business Review (07-08-2010) hat die 3 Koeffizienten nach Ihrer Vorhersagekraft für den Wiederkauf und der Vorhersagekraft für den Mehrumsatz eingeordnet. Sie sehen den CES als wesentlich stärker an in der Vorhersagekraft an, als CSAT und NPS.

 

Zusammenfassend kann man den gesamten Prozess der Kundenzufriedenheitserhebung mit dem fünf Phasenmodell darstellen. Dieses Modell strukturiert detailliert den Erhebungsprozess und ermöglicht ein zielgerichtetes Vorgehen.

Data2Action: Data Analytics, Visualisierung und Ableitung von Maßnahmen

Die grundsätzliche Erhebung der Kundenzufriedenheit ist wichtig, noch wichtiger ist aus unserer Sicht, was die Unternehmen dann daraus machen. Data Analytics setzt die gewonnene Information in Korrelation mit anderen Unternehmensparametern und Key Performance Indikatoren. Die Ergebnisse können dann genutzt werden, um das Unternehmen unmittelbar zu steuern und Prozesse aber auch Mitarbeiterverhalten zu optimieren.

Die Tiefe der Zufriedenheitserhebung ist abhängig von der Zielsetzung der Maßnahme. Auf oberster Ebene wird der Gesamtparameter „Kundenzufriedenheit“ gemessen. Auf der nächsten Ebene werden die Leistungsbereiche, wie z.B. die Auftragsbearbeitung, das Liefermanagement, das Beschwerdemanagement oder auch die Beratungsqualität der Mitarbeiter gemessen. Dann kann man noch eine Ebene tiefer gehen und die Leistungskriterien der Beratungsqualität messen. Hier sind dann Kriterien wie Fachwissen, Erfahrungspotential, Kreativität in der Problemlösung, Eigeninitiative etc. wichtig.

 

Ein weiterer wichtiger Schritt in diesem Prozess ist die Visualisierung und die Information des Managements über die Erkenntnisse und Ergebnisse der Kundenzufriedenheitsanalyse. In der Vergangenheit wurden die Ergebnisse grafisch (Visualisierung) und schriftlich (Ergebnisbericht) dokumentiert. Dazu wurden Tabellen und Diagramme genutzt, die für einen bestimmten Anlass zusammengestellt wurden.
Eine interessante Entwicklung hat SAP mit Ihrem „Future Boardroom“ gemacht. Beim Future Boardroom handelt es sich um ein digitales Dashboard, das unternehmensrelevante KPI´s im Zeitverlauf, aber auch in Echtzeit darstellt. Die Daten werden aus verschieden IT Systemen zusammengestellt und für den Boardroom strukturiert. Die Kundenzufriedenheit ist einer der Faktoren, die dargestellt werden.
Der Ablauf ist immer wieder der gleiche, erst messen, dann analysieren & visualisieren und dann Maßnahmen ergreifen. Wir nennen es Data2Action, also von den Daten zur Maßnahme, die dann ein Problem beseitigt, einen Prozess verbessert und den Unternehmenserfolg sicherstellt.

Take-aways for today

Was sollten Sie aus dieser Diskussion mitnehmen? Es gibt 4 Thesen die das Thema Kundenzufriedenheitsthermometer bestimmen:

  1. Die Messung der Kundenzufriedenheit ist heute sehr einfach offline und online möglich, ohne hohe Investitionen, sogar auf Mitarbeiterbasis!
  2. Die Kundenzufriedenheit hat einen unmittelbaren Einfluss auf die Wiederkäufe und auf den Mehrumsatz!
  3. Data Analytics ermöglicht es anhand der Kundenzufriedenheit wichtige Unternehmensfaktoren zu steuern!
  4. Dashboards wie z.B. der Future Boardroom ermöglichen den Unternehmen ihre Prozesse direkt, in Echtzeit zu steuern, schneller als Ihr Wettbewerber zu sein und damit Wettbewerbsvorteile zu realisieren!

Um nochmal die Analogie mit dem Fieberthermometer aufzugreifen; messen Sie öfter die Zufriedenheit Ihrer Kunden, es tut nicht weh und es sind keine hohen Investitionen nötig. Am besten mal prophylaktisch messen, um frühzeitig Tendenzen zu erkennen und reagieren zu können, damit sie später nicht Extrem-Maßnahmen (wie 20% auf Alles) einsetzen müssen. Sie werden wieder ruhiger schlafen.

Das Webinar zu diesem Thema ist ab sofort HIER als Video frei verfügbar und für alle interessant, die sich intensiv mit dem Thema Kundenzufriedenheit auseinandersetzen wollen und für die dieses Thema auch ein wichtiger Wettbewerbsfaktor ist. 

Bildquelle: pixabay.com

Lassen Sie uns doch mal drüber sprechen!

Von mir aus auch gerne sofort.

Hans Jürgen Friedrich
+49 171 54 24 024

...ist Vorstand bei der O’Donovan Consulting AG. Seit mehr als 18 Jahren steht die Lösung von Herausforderungen aus Vertrieb und Service in Verbindung mit innovativen technologischen Lösungen im Fokus seiner Tätigkeit. Aktuell unterstützt er seine Auftraggeber dabei, Strategien für eine kundenorientierte Unternehmensführung zu entwickeln und im Unternehmen umsetzen. „Unternehmen können am Markt gewinnen, wenn Sie es schaffen, Services in Abhängigkeit der jeweiligen Situation zu individualisieren, dass Kunden bleiben – am besten aus Bequemlichkeit, gerne auch aus Begeisterung.''